Exkursion ins Roggental – Wunder am Wegesrand
Wundern am Wegesrand
Im Ländle, wo die Straßenmeistereien inzwischen sensible Biotope entlang der Albsteigen erst spät im Jahr mähen, viele Straßenränder immer öfters schonend in mehreren Intervallen gemäht werden, wo Blühstreifen in der Feldflur öffentlichkeitswirksam angelegt und beschildert werden, da gibt es Orte, wo vieles im Argen liegt: die Ränder der Waldwege. Nicht überall, aber in viel, viel zu vielen Wäldern.
In den dunklen Wäldern sind die lichtdurchfluteten Wegschneisen der Lebensraum vieler im Hochsommer blühender Pflanzen und gleichzeitig ein Eldorado für Käfer und viele bunte Schmetterlinge.
„Leben ist nicht genug“ sagte der Schmetterling, „Sonnenschein, Freiheit und eine kleine Blume gehören auch dazu.“ Hans-Christian Andersen
Umso verheerender, wenn diese Waldwegränder im Hochsommer gemulcht werden. Ein kompletter Lebensraum wird auf viele hunderte Meter schlagartig zerstört und die Lebensgrundlage für unzählige Insekten vernichtet.
Warum? Wir verstehen es nicht. Dass der Weg von aufkommenden Bäumen und Sträuchern für die Bewirtschaftung freigehalten werden muss, das leuchtet ein. Dazu würde auch ein späteres Mähen ausreichen. Ober sind es die Beschwerden von auf breitem Waldweg Wandernden bzw. Radfahrenden, die sich von am Wegrand wachsenden Brennnesseln bedroht fühlen? Vielleicht ist im Wald eine Vollkaskomentalität fehl am Platz.
In Zeiten eines Insektensterbens, in Zeiten einer immer ausgeräumteren Landschaft könnten die Waldwegränder ein wichtiger Überlebensraum für unsere biologische Vielfalt sein – wenn endlich ein Umdenken der verantwortlichen Stellen stattfinden würde.
Wunder am Wegesrand
Im Roggental war die Wegränder-Welt bei unserer heutigen Exkursion, die wir im Rahmen unserer Veranstaltungsreihe „Glanzlichter – 50 Jahre BNAN“ durchgeführt haben, auf jeden Fall noch in Ordnung. Blühende Wald-Witwenblumen, Behaarte Karden, Kratzdisteln und mächtige Kletten säumen den Waldweg. Dort ist Leben: C-Falter, Kaisermäntel, Landkärtchen – das Insekt des Jahres 2023 -, Tagpfauenaugen, Weißlinge und Augenfalter, Russische Bären und einige wenige Taubenschwänzchen suchen die Nektartankstellen auf.
In der Talaue eine „ungepflegte“ Wildnis. Kann man so sehen, muss man aber nicht. Also: wir sehen dort ein spannendes Projekt. Im Juni 1979, noch im Jahr der Gründung der Geislinger BNAN Bezirksgruppe, haben wir voll Tatendrang und Euphorie das einzigartige Wiesenmoor im Roggental erworben, nicht ahnend, dass wir es nur wenige Wochen später wieder abgeben zu müssen. Die Forstverwaltung hat ihr Vorkaufsrecht wahrgenommen. Trotz dieses Rückschlages haben wir das wertvolle Biotop über 25 Jahre lang gepflegt und dort mehr als 700 Arbeitsstunden investiert. Bis dann doch die geplante Holzlagerung auf der Wiese gemacht wurde. Nach der einmaligen Nutzung war das tiefgründige Wiesemoor nicht mehr mit dem Balkenmäher befahrbar. Für uns die Lektion unsere Arbeitszeit nur dort zu investieren, wo wir langfristig Einfluss haben, idealerweise auf vereinseigenen Biotopen.
Wenn eine Tür zufällt, dann geht eine neue auf. So zumindest im gut gemeinten Sprichwort. Im Roggental hat die Eyb diese Tür geöffnet, indem sie die Straßenböschung an ihrem Bachbett immer wieder unterspülte und permanente Straßenausbesserungen verursachte.
Wie wäre es, dem an den Talrand verbannten Bächlein die Talaue zurückzugeben und die Straße vom Gewässer zu trennen?
Die Zwischenbilanz nach annähern 15 Jahren: die Eyb hat sich dynamisch ein neues Bachbett geschaffen, mal schmäler, mal breiter, mal verzweigt, mal mäandrierend. Inmitten einer sich selbst organisierenden Talauenvegetation. Wir sind gespannt, wie sich die Landschaft dort weiter entwickelt. Vielleicht kommt dort eines Tages ein Biber vorbei und erschafft zusätzliche Amphibiengewässer.
Die ausführliche Geschichte „unserer“ Roggentalwiese haben wir in unserem Jahresheft 2021 niedergeschrieben. Das blätterbaren Online-Heft finden Sie hier.