Eine sehr spezielle Lebensgemeinschaft

Der Kreuzenzian-Ameisenbläuling (Phengaris rebeli) lebt in seltsamen Verhältnissen.
Zum einen hat er eine sehr enge Beziehung zum Kreuzenzian, nur an dem legt er seine Eier ab. Die Raupe frisst zunächst an den Blüten und Blättern des Enzians und lässt sich nach einigen Häutungen im Spätsommer auf den Boden fallen.

Dort wartet dann die nächste Beziehung im noch kurzen Leben des Kreuzenzian-Ameisenbläulings: Knotenameisen. Die Raupe imitiert den Geruch einer speziellen Knotenameisenart, und lässt sich von dieser in das Ameisennest tragen.

Im Nest ernährt sie sich von der Ameisenbrut, hält mit den Ameisen Winterruhe und verpuppt sich im nächsten Frühjahr. Der frisch geschlüpfte Falter muss dann schnellstens das Ameisennest verlassen, da ihm der tarnende Ameisengeruch fehlt.
Diese Dreiecksbeziehung muss jedoch noch vergrößert werden, haben doch die Knotenameisen und der Kreuzenzian weitere Beziehungen zu anderen Lebewesen. Die Knotenameise beispielsweise zu Blattläusen, die sie melken, der Kreuzenzian zu ihn bestäubenden Bienen. All das und noch manches mehr muss man berücksichtigen, wenn man die Ökologie des Schmetterlings erfassen will.

Wer in einem so komplizierten Beziehungsgeflecht lebt und dazu noch einen kleinen Flugradius hat, hat es schwer. Daher gilt der Kreuzenzian-Ameisenbläuling in Deutschland als „stark gefährdet“ (Rote Liste Kategorie 2).

Bei unserer Biotopflege achten wir darauf, dass die Pflanzen des Kreuzenzians nicht abgemäht werden. Eine mühselige und anstrengende Aufgabe für unser Mähpersonal, aber auch für die Abrecher, die um die stehen gelassenen Altgras-Inseln herum rechen müssen.
Aber: was tut man nicht alles für den Kreuzenzian-Ameisenbläuling und seine komplizierten Beziehungs-Verhältnisse.

Sicherlich ist der Kreuzenzian die Vorzeige-Art der Kuhbergwiese, die nach der Nutzungsaufgabe der einstigen Wirtschaftswiese von der darüber liegenden Heide eingewandert ist. Wenn man von Nenningen zum Wanderparkplatz Christental fährt, schaut man unwillkürlich auf den die Landschaft beherrschenden mächtigen Heidesteilhang des Kuhberges. Im Übergangsbereich zwischen den grünen Wirtschaftswiesen und der Wacholderheide fällt eine andere Färbung auf: unsere Wiese, zu der auch ein Teil der Heide gehört!

In der Grundstücksbeschreibung anlässlich des Kaufes im Jahr 1988 ist unter anderem zu lesen: „Südexponierte Hangwiese mit etwa einem Drittel Wacholderheide. Sowohl die Wiese wie auch die Heide sind außerordentlich artenreich. Vor allem die Vergesellschaftung des reichlich vorkommenden Kreuzenzians mit verschiedenen Orchideenarten und mit dem im Heidebereich vorkommenden Gelben Fingerhut ist bemerkenswert.“

Über 140 unterschiedliche Pflanzenarten bilden die Grundlage für die Artenvielfalt der Insekten – Schmetterlinge, Käfer, Wildbienen und Heuschrecken – als auch der Spinnen, wie beispielsweise der wärmeliebenden Wespenspinne. Die Insekten sind wiederum die Nahrungsgrundlage von Neuntöter und Baumpieper. Diese Vögel benötigen neben der Nahrung zusätzlich ein vielfältiges Mosaik aus Hecken und Ansitzen. Strukturvielfalt! Die nicht nur auf unserer Wiese, sondern über weite Strecken am Kuhberg und Nenninger Galgenberg vorhanden ist.

Wir sehen unsere Grundstücke als Arche Noah für Zeiten, in denen ein hoffentlich geändertes Bewusstsein des Menschen der Artenvielfalt wieder Raum bieten kann in einer Landschaft, die nicht nur dem schnellen Profit dienlich sein muss, sondern unseren Mitgeschöpfen Lebensgrundlage bietet – um ihrer selbst willen und auch als Grundlage und Bereicherung des menschlichen Daseins.

Daten zur Kuhbergwiese

Höhenlage: 590 Meter NN
Größe: ca. 76 ar

Schutzstatus: Naturschutzgebiet, FFH Gebiet Albtrauf Donzdorf – Heubach

Biotoppflege 1989 – 2022: 1845 Stunden (74 Arbeitseinsätze, da mähen und abräumen oftmals zeitversetzt)