Quo vadis Gostalwiese?

So lange, wie wir die Gostalwiese schon besitzen und pflegen – 2024 wäre das 40-jährige Jubiläum, so lange werden wir die Wiese zukünftig nicht mehr besitzen.

Warum? Die wenigsten Menschen in Deutschland dürften wissen, wo das Gostal liegt. Wenn wir den Schleier ein wenig lüften und verraten, dass sich die Wiese auf Gemarkung Drackenstein befindet, wird der eine oder die andere sagen „Drackenstein, das habe ich schon mal gehört. Hat das was mit dem Drackensteiner Hang zu tun?“

Genau. Hoch über unserer Wiese zieht sich der stauanfällige Albabstieg der Autobahn A8 am Berghang entlang. So hoch, dass auf der Wiese nur ein zu vernachlässigendes Hintergrundgeräusch zu vernehmen ist. Nach jahrzehntelanger Planung wurde beschlossen, dass die kürzeste, vielleicht auch die billigste, aber in allen Gutachten als ökologisch am Schlechtesten bewertete Variante des Autobahnneubaus realisiert werden soll: die Querung des Gostals mittels einer gigantischen Brücke. Da diese Brücke direkt über dem südlichen Teil der Gostalwiese errichtet werden wird, müssen wir zumindest diesen abtreten, da in Deutschland kein Privatbesitz unter einer Autobahnbrücke gestattet ist.

Noch ist es nicht so weit. Und deshalb pflegen wir auch weiterhin das Biotop, welches immerhin seit 1984 den Schutzstatus „Flächenhaftes Naturdenkmal“ – FND 81170160004 “Feuchtgebiet am Oberlauf des Gosbaches“ trägt. Da für die Schutzgebiete ein Verschlechterungsverbot gilt, wollen wir dann, wenn wir müssen, das Grundstück in einem Pflegezustand übergeben, der so auch vom neuen Eigentümer weitergeführt werden muss.
So ist zumindest der Plan. Hoffen wir, dass sich die Befürchtung, die unser Chronist 2004 niederschrieb, nicht bewahrheitet. „Es wäre jammerschade, wenn die Gostalwiese durch den Autobahn-Brückenbau in den Besitz des Staates überginge und sich niemand mehr um sie kümmerte.“

Was macht die Gostalwiese für uns so wertvoll?

Knapp einen Kilometer talaufwärts liegt der kleine Ort Unterdrackenstein malerisch auf einem mächtigen Kalktufffelsen, über den die Gos über einen 15 Meter hohen Wasserfall in die Tiefe stürzt. Imposant nach der Schneeschmelze, bei Hochwasser, beeindruckend die Eisskulpturen im tiefen Winter. Quer zum Tal– ungefähr dort, wo die Autobahnbrücke geplant ist und unsere Wiese beginnt – erstreckt sich eine weitere Tuffbarriere, die der Bach in einer sehenswerten Kaskade überwindet, um dann nach einem scharfen Rechtsschwenk an der nördlichen Grundstücksgrenze entlang zu fließen.
Je nach Wasserstand wird der nördliche, flache Teil unserer Wiese von den sich permanent anders auffächernden Wasserläufen durchflossen und der gelöste Kalk an Wurzeln, Blättern und Moosen abgelagert. Frei fließendes Gewässer – Dynamik pur!

In diesem Feuchtgebiet hat sich eine eindrucksvolle Hochstaudenflur aus Pestwurz, Zottigem Weidenröschen, Sumpf-Dotterblume, Rossminze und Rohrglanzgras eingefunden. Undurchdringlich! Und deshalb von uns nicht gepflegt. Eine sich selbst organisierende und erhaltende Lebensgemeinschaft aus Überlebenskünstlern.

Etwas anders sieht es im südlichen Bereich des Naturdenkmals aus. Links die Gos-Kaskade, rechts eine kleine Baumgruppe, in deren Schatten einige Quellen und Wasserdurchbrüche durch den Tuffstotz zu Tage treten. Die am Hang liegende Wiese wird von uns gemäht, um die dort vorkommende Flora zu erhalten. Im Frühjahr eine bunte Gesellschaft aus hellgelben Schlüsselblumen, Hohlem Lerchensporn und Scharbockskraut, die dann von Gefleckter Taubnessel, Bach-Nelkenwurz und Vergissmeinnicht abgelöst werden. Im Sommer beherrschen dann Stauden die Wiese: Ährige Teufelskralle, Wald-Wittwenblume, Mädesüß und Engelwurz bieten jetzt den Insekten reichlich Nahrung an.

Ob die alle unter der Brücke überleben? Verschwindet das Kleinod aus wildem Bach, dynamischem Feuchtgebiet, Quellen, Pestwurzflur und Streuwiese im Schatten des gewaltigen Bauwerkes?

 

Daten zur Gostalwiese

Höhenlage: 580 Meter NN
Größe: ca. 29 ar

Schutzstatus: Naturdenkmal, FFH-Gebiet Filsalb

Biotoppflege 1984 – 2022: 33 Arbeitseinsätze, 818 Stunden