Biotoppflege Gostalwiese, Unterdrackenstein – Glanzlicht 50 Jahre BNAN

Hells Bells!

Wir glaubten in den letzten Jahren, gar Jahrzehnten schon manches Mal, dass die letzte Stunde unserer Gostalwiese eingeläutet wird.

Sie wird irgendwann einmal, zumindest teilweise, unter einer gigantischen Autobahnbrücke verschwinden. Die über 70 Meter hohe Bogenbrücke ist Teil der umstrittenen Neubaustrecke des Albaufstiegs der A8. Dass der aus den dreißiger Jahren des letzten Jahrhundert stammende Albaufstieg / Albabstieg unserem Verkehrsaufkommen nicht mehr gewachsen ist, das ist unumstritten. Dass nach Jahrzehnten der Planung die ökologisch am Schlechtesten bewertete Trassenvariante verwirklicht werden soll, das schmerzt uns Naturschützer. Die beschlossene Variante sei die ökonomisch preiswerteste, zumindest in der Budgetberechnung. Ökonomie sticht Ökologie, der Preis siegt über die Natur.

Welcome to the jungle

Natur gibt es im idyllischen Gostal. Noch! Der als Naturdenkmal ausgewiesene Tufffelsen, auf dem malerisch das Dorf Unterdrackenstein thront, mit seinem sehenswerten Wasserfall, die geschützten Quellfluren des Krähensteinbaches, Wiesen, Weiden und Streuobstwiesen im Talgrund, der naturnahe Bachlauf der Gos und natürlich unsere, als flächenhaftes Naturdenkmal geschützte Gostalwiese.

Unsere Wiese befindet sich an einer quer zum Tal liegenden, mehrere Meter hohen Kalktuffstufe. Die Gos überwindet diese Stufe in einer imposanten Kaskade, wechselt an der teilseitigen Grenze unseres Grundstückes scharf nach rechts, teils im künstlich geschaffenen Bachbett fließend, jedoch zum größten Teil frei über den dort flacheren Grundstücksbereich streichend, um immer aufs Neue durch die permanente Kalktuffbildung ein einzigartiges Biotop zu formen. Sumpfdotterblumen, Pestwurz, Rohrglanzgras, Wasser-Minze prägen diesen, sich selbst organisierenden Teil unserer Gostalwiese. Der Hangbereich des Biotops wird von uns einmal im Jahr gemäht, um die Hochstaudenflur mit weißblühender Engelwurz, violetten Witwenblumen und gelben Schlüsselblumen zu erhalten. Ansonsten würden Himbeeren, Brombeeren und Haselnusssträucher die ehemals landwirtschaftlich genutzte Wiese beherrschen.

Highway to hell

Der Hangbereich unseres Grundstückes wird uns einmal nicht mehr gehören, da genau dort die Brücke das Tal überquert und ein Privatbesitz darunter nicht erlaubt ist. Wie sich die selbstorganisierende Hochstaudenflur im Schatten des Brückenbauwerkes entwickelt, das kann derzeit noch keiner sagen. Zu unvorstellbar ist die Brücke, trotz einiger Bilder, die die Zukunft simulieren sollen. Klar ist aber jetzt schon, dass während der Bauarbeiten der Talgrund durch Zufahrtsstraßen, Lagerplätze und Kranfundamente umgestaltet wird. Klar ist auch, dass die geplanten Ausgleichsmaßnahmen, die in unmittelbarer Nähe ausgeführt werden sollen, sicherlich mit Idealismus geplant wurden, jedoch den dortigen Lebensraumverlust nicht kompensieren werden.

Warum investieren wir dort überhaupt ehrenamtlich unsere Zeit und Arbeitskraft?
Natürlich hätten wir schon zu Beginn der 1990er-Jahre, als die ersten Planungen des Autobahnneubaus aufkamen, die Flinte ins Korn werfen können. Ebenso zu Beginn der 2000er-Jahre, als im Privatisierungshype eine mautpflichtige Variante kommen sollte, ebenso in den 2010er-Jahren, als ein Baubeginn noch in derselben Dekade angedacht war. In diesem Jahr jährt es sich zum vierzigsten Mal, dass wir auf der Gostalwiese aktiv sind. Jahrzehntelang mit dem Damoklesschwert einer Enteignung im Nacken.

Brothers in arms

Warum das Ganze?

Da für die Schutzgebiete ein Verschlechterungsverbot gilt, wollen wir dann, wenn wir müssen, das Grundstück in einem Pflegezustand übergeben, der so auch vom neuen Eigentümer weitergeführt werden muss.

Deshalb waren wir – sisters und brothers – auch heute wieder gemeinsam auf unserer Gostalwiese. Wie in vielen vergangenen Jahren zuvor. Nicht mit Sensen, Dreschflegeln und Mistgabeln bewaffnet, um wie die Bauernhaufen des Mittelalters einen aussichtlosen Kampf gegen übermächtige Ritterheere zu führen, sondern um ausgerüstet mit Freischneidern, Grasrechen und Heugabeln ein paradiesisches Fleckchen Natur zu erhalten.

Übrigens: mit unserem Paradiesle verschwindet auch eine alte Müllhalde, die im letzten Jahrhundert auf der gegenüberliegenden Bachseite aufgeschüttet wurde, im Schatten der Autobahnbrücke. Der rücksichtslose, verantwortungslose Umgang mit unserer Natur ist nicht nur ein Problem unserer Zeit.

Wir hoffen dennoch, dass sich die Befürchtung, die unser Chronist 2004 niederschrieb, nicht bewahrheitet. „Es wäre jammerschade, wenn die Gostalwiese durch den Autobahn-Brückenbau in den Besitz des Staates überginge und sich niemand mehr um sie kümmerte.“

You’ll never walk alone

Mit der heutigen Biotoppflege (am Tag 1 nach der SWR1-Hörerhitparade-2024) endet unsere diesjährige, fest terminierte Pflegesaison. Auch wenn noch einige kleinere Restarbeiten anstehen, so wollen wir schon heute allen unseren freiwilligen Helferinnen und Helfern Danke sagen. Danke für euren Einsatz – ob bei tropischer Hitze oder bei sintflutartigem Regen. Ihr seid einfach spitze!