Exkursion ins Lontal, Geislingen-Türkheim

Eine kleine Wanderung durch ein kleines Tal

„Der Weg ist das Ziel“ war auch bei unserer Spätsommer-Exkursion im Lontal unser Motto. Ein bewährtes Motto, das situationsbedingt Spontanität zulässt.
Das Lontal zwischen Türkheim und Amstetten ist Teil des Naturschutzgebietes „Vögelestal und Oberes Lontal“. In der Kurzbeschreibung des Schutzgebietes wird es folgendermaßen skizziert:

„Typisches Trockentalsystem mit vielfältigen Heckenstrukturen und Feldgehölzen, artenreichen Wacholderheiden, extensiven Wiesenflächen mit Magerrasenanteilen, Steinriegel und offenen Felsbildungen; vielfältige Lebensgemeinschaft der Mittleren Kuppenalb mit zahlreichen biotoptypischen, seltenen, gefährdeten und geschützten Tier- und Pflanzenarten; abwechslungsreiches und reizvolles Landschaftsbild in einem für die Erholung wichtigen Bereich“

Anfang September ist von den zahlreichen Tier- und Pflanzenarten jahreszeitlich bedingt nicht mehr allzu viel zu sehen: die Märzenbecher längst verblüht, Neuntöter und Dorngrasmücke auf dem Weg ins Winterquartier. Wäre das Naturschutzgebiet im Lontal nicht auf das schmale Wiesenband in der Talaue des Lontal begrenzt, dann hätten wir der offiziellen Pflanzenliste noch weitere Arten hinzufügen können: Blühende Wald-Witwenblumen, Schmalblättrige Weidenröschen, Große Sterndolde, ein letztes Johanniskraut, einige Rote Lichtnelken, Wald-Zieste und noch vieles mehr. Dazu die Beeren des Aronstabes und einige herumflatternde Weißlinge. Selbst eine Blindschleiche hat sich die Zeit genommen, unseren Weg zu kreuzen.

Eine kleine Wanderung durch ein kleines Tal mit gar nicht so kleinen Problemen

Wir hatten die Gelegenheit, bei unserer Exkursion die Besitzerin der zentralen Wiese des Lontals kennenzulernen und haben dabei einiges über die Probleme, die beim Vertragsnaturschutz auftreten können, erfahren. Keine Frage: Naturschutzmaßnahmen sind Langstreckenrennen, die Behörde und die Eigentümerin haben das selbe Ziel – den Erhalt der dortigen Artenvielfalt -, der Pächter erhält für seinen Mehraufwand, für seinen Minderertrag Ausgleichsgelder. Was zu fehlen scheint, ist die Evaluierung des Erreichten und eine gemeinsame Neujustierung der dortigen Naturschutzziele und des Weges zu ihnen. Vielleicht mangelt es „nur“ an behördlicher Kommunikation, vielleicht wäre „oifach meh midanander schwätza!“ ein Ansatz.

§ 3 der Schutzgebietsverordnung – Schutzzweck

dort findet sich unter anderem der Spiegelstrich

– Erhalt und Förderung einer vielfältigen Lebensgemeinschaft der Mittleren Kuppenalb mit zahlreichen biotoptypischen, seltenen, gefährdeten und geschützten Tier- und Pflanzenarten;

Und hier wird es dann schwierig! „Erhalt und Forderung“ – die restriktiven Vorgaben der Landschaftspflegerichtlinie scheinen nicht das erreicht zu haben, was jeder der Beteiligten als Erhaltungsziel vor Augen hatte.

Die – ihre – farbenfrohe Blumenwiese aus den 1980er-Jahren ist jedenfalls verschwunden, durch oder trotz eines Düngeverbotes und weiteren detaillierten Vorschriften hinsichtlich der Bewirtschaftung?
Warum gibt es die damals noch vorhandenen Trollblumen nicht mehr?

Das schmale, auf die Wiesen im Talgrund beschränkte Naturschutzgebiet ist von Wald umgeben, der wiederum von intensiv landwirtschaftlich genutzten Flächen umschlossen ist. Stichwort Eintrag von Nährstoffen, Pflanzenschutzmitteln, Insektiziden, usw.
Ist so ein schmales Schutzgebiet – inclusiv des Waldpuffers – überhaupt in der Lage (auch mit gut gemeinten Vorgaben) den Erhalt der Artenvielfalt in einer feindlichen Umgebung zu gewährleisten?
Dürfen wir uns im Hinblick auf Insektensterben, Artenrückgang und Verarmung unserer Landschaft auf jahrzehntealten globalen Vorgaben ausruhen oder müssten wir nicht kleinteilige, dynamische Lösungen den Vorzug geben?

Im Lontal, am Waldrand außerhalb des Naturschutzgebietes haben wir als weiteres Ziel noch einen von uns betreuten Pflanzenstandort aufgesucht. Wenn man nicht weiß, wo dieser ist, dann wird man ihn nicht finden, da er stark eingewachsen ist. Unsere Idee, die Pflanzen unter der sprichwörtlichen Käseglocke zu schützen war nicht wirklich zielführend. Glücklicherweise ist es für eine neue Strategie noch nicht zu spät – im Gegensatz zu den im Lontal ausgestorbenen Trollblumen.

Aber auch hier stelle sich die Frage: ist ein noch so gut gemeinter Käseglocken-Artenschutz wirklich der Weisheit letzter Schluss?

Eine kleine Wanderung zu großen Problemen?

Zum Glück waren ganz viele nette Mitwanderer dabei und haben trübselige Gedanken gar nicht aufkommen lassen.

Eine kleine Wanderung mit großer Erkenntnis

In einer dynamischen Natur sind statische Schutzmaßnahmen nicht immer zielführend, ein anderer Blick weitet den eigenen, ein anderer Standpunkt lädt zum Diskutieren – nicht zum Streiten – ein.

Fazit: eine schöne Spätsommerwanderung, eine Wanderung mit Tiefgang, eine Wanderung, die zum Nachdenken, zum Überdenken anregt.