Es war einmal…

Es war einmal… Auch wenn die Geschichte wie ein Märchen beginnt, so ist sie doch Realität. Sie hört sich im 21. Jahrhundert nur märchenhaft an.

Es war einmal eine Talaue, deren Feuchtwiesen goldgelb leuchteten. Nicht vom Löwenzahn, nein!, durch die Trollblume geschaffen.

1990 haben wir die Talbachwiese mit dem Ziel, die Trollblume zu erhalten, erworben. Möglicherweise sind wir gescheitert.

Shifting Baseline

Shifting Baseline bezeichnet unsere eingeschränkte Wahrnehmung von Wandel: parallel zu den Veränderungen in der Umwelt kommt es zu einer Veränderung oder Verschiebung der Basislinie, die als Referenzpunkt für die Bemessung des Wandels dient.

Wer in den 1960er Jahren die Feuchtwiesen im Tal des Talbaches noch mit hunderten von Trollblumen erlebt hat, wird das Restvorkommen der 1990er Jahre zu Recht als Verlust wahrnehmen. Derjenige, der die Wiese in den 1990er Jahren kennen gelernt hat, hat automatisch einen neuen, seinen eigenen Ausgangspunkt, da er das ehemalige Blütenmeer nicht mehr erlebt hat. Ebenso ergeht es demjenigen, der in den 2020er Jahren dort noch mit viel Glück einige wenige Einzelpflanzen findet. Jeder der drei kann mit Recht behaupten, die Trollblume kommt dort vor. Mengenangaben wie „viel“ oder „wenig“ helfen da wenig, da diese dem Shifting-Baseline-Syndrom unterliegen. Wie werden zukünftige Besucher die Talbachwiese vorfinden und welchen Bezugspunkt werden sie für sich festlegen?

Warum geht es der Trollblume schlecht?

In Norddeutschland ist sie fast ausgestorben, in Süddeutschland stark zurückgehend. Intensive Bewirtschaftung mit häufiger Mahd und hohem Düngereintrag sind landesweit zu findende Gründe, Entwässerung und Aufforstung unrentabler Flächen weitere. Welche davon für unsere Talbachwiese zutreffen, ist schwierig zu ermitteln. Unbestritten ist: das kleine Bächlein trocknete in den vergangenen heißen Sommern immer öfters über längere Zeit aus, zudem ist unter unserer Wiese noch eine alte Drainage vorhanden. Eine richtige Feuchtwiese, gar ein Wiesenmoor ist unsere Talbachwiese schon länger nicht mehr. Zusätzlich müssen wir uns selbstkritisch fragen, ob unsere Pflegearbeiten und die Ansprüche der Trollblume im Gleichklang sind? Die Probleme der Trollblume sind sehr vielschichtig und in der Summe höchstwahrscheinlich zu viele.

Neue Ziele

Nachdem die Fokussierung auf den Artenschutz der Trollblume und des Sumpf-Dreizacks, der auf unserer Wiese bis Mitte der 1990er Jahre auch vorkam, als nicht zielführend erkannt wurde, haben wir unsere Anstrengungen auf der Talbachwiese auf den Biotopschutz, auf die Erhaltung der dort etablierten Hochstaudenflur konzentriert. Stichwort: Strukturvielfalt.
Die Landschaft um Unterböhringen ist, bedingt durch die Tallage, noch sehr viel abwechslungsreicher als eine Gemarkung in einer landwirtschaftlich begünstigteren Gegend. Nirgendwo ein ebener Acker, stattdessen Wiesen mit extensiv genutzten Kulturrainen, Streuobstwiesen, Wacholderheiden. Uraltes Kulturland, in dem aufgrund des ungünstigen Reliefs manche bedrohte Tier- und Pflanzenart noch einen Lebensraum findet. Ein Mosaikstein in der noch strukturreichen Landschaft um Unterböhringen ist unsere Talbachwiese. Auch weil sie in der Kulturlandschaft ein wenig wilder daher kommt.

Daten zur Talbachwiese

Höhenlage: 560 Meter NN
Größe: ca. 58 ar

Schutzstatus: Vogelschutzgebiet Mittlere Schwäbische Alb

Biotoppflege 1989 – 2022: 1654 Stunden (65 Arbeitseinsätze, da mähen und abräumen oftmals zeitversetzt)